Kino im Buchverlag: Verfilmte Literatur und Bücher zum Film

WS 2009/10, Universität Regensburg
Blockseminar: Vier Blocksitzungen, Freitag, 12-18 Uhr, 20.11.2009, 15.1.2010, 22.1.2010 und 5.2.2010, jeweils in ZH 8
Leitung: Dr. Susanne Krones

Die Relation zwischen Buch und Film ist facettenreich: Es gibt verfilmte Literatur ebenso wie Filme über Literatur und ihre Autoren, Filmbücher im Bereich Fiction ebenso wie im Bereich Non-Fiction, Bücher zum Film ebenso wie Filme zum Buch. Die klassische Literaturverfilmung reicht dabei von heute bereits mehrfach verfilmten Stoffen wie Thomas Manns »Die Buddenbrooks« und Theodor Fontanes »Effi Briest« über Michael Ondaatjes »Der englische Patient«, Patricia Highsmiths »Der talentierte Mr. Ripley«, Milan Kunderas »Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins« und F. Scott Fitzgeralds »Der seltsame Fall des Benjamin Button« bis hin zu All-Age-Stoffen wie Jostein Gaarders »Das Orangenmädchen«, Stephenie Meyers »Bis(s)-Serie« und den Verfilmungen der Harry-Potter-Romane oder viel diskutierten historisch-politischen Stoffen wie Bernhard Schlinks »Der Vorleser«. Hinzu kommen die im Gefolge von Kinofilmen konzipierten und produzierten und meist zum Erscheinen der Filme publizierten Bücher zum Film, wie sie etwa Rowohlt zu Dani Levys »Mein Führer« und Suhrkamp zu Florian Henckel von Donnersmarcks »Das Leben der Anderen« vorgelegt haben. Zahlreiche Autorenbiographien rekonstruieren die Entstehungsgeschichte eines literarischen Gesamtwerkes und konstruieren Bilder der dargestellten Autorinnen und Autoren, prototypisch etwa »Die Manns« oder »Bonjour Sagan«. Im Bereich Non-Fiction locken außerdem investigative oder rekonstruierende Dokumentarfilme und sie begleitende, dokumentierende und meist mit zusätzlichen Dokumenten ausgestattete Sachbücher Publikum und Leser. Solche Sachbücher können ein Filmprojekt begleiten (wie etwa Fred Breinersdorfers »Sophie Scholl: Die letzten Tage«), aus einem Filmprojekt entstehen (wie etwa Andrea Weiss‘ »Paris war eine Frau«) oder Verfilmungen erfolgreicher Sachbücher sein (wie die von Roberto Savianos Bestseller »Gomorrha«, Jean-Domique Bauby bewegender Biographie »Schmetterling und Taucherglocke« oder Marjane Satrapis Comic-Verfilmung »Persepolis. Eine Kindheit im Iran«).
Ebenso vielgestaltig wie das Verhältnis von Buch und Film ist die Rolle von Filmen für Buchverlage: Sie reicht vom Auflagengaranten (wenn eine Literaturverfilmung mit Blockbuster-Qualitäten einen Backlisttitel längerfristig in ungeahnte Auflagenhöhen katapultiert) bis zum Ausgangspunkt für neue Projekte und Akquisen (wenn eine verfilmte Biographie es erlaubt, das Werk eines bis dato vergessenen Autors neu aufzulegen oder ein Dokumentarfilm das Interesse an einer bis dato vergessenen Thematik neu weckt).

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieses Seminars nähern sich dem Thema ›Buch und Film‹ aus zwei Perspektiven: Aus literatur- und medienwissenschaftlicher Perspektive analysieren sie prototypische Relationen von Buch und Film, aus verlagspraktischer Perspektive erfahren sie, mit welchen Strategien Verlage versuchen, Filmbücher zu Erfolgen zu machen. Sie lernen die Arbeit in einem Literaturverlag kennen, erfahren, wie Lektoren Bücher akquirieren, wie sie mit Literaturagenten und Lizenzabteilungen anderer Verlage zusammenarbeiten, nach welchen Kriterien sie deutschsprachige Manuskripte und ausländische Prüfexemplaren begutachten und über Annahme oder Ablehnung entscheiden. Wie es dem Praxischarakter des Seminars entspricht, haben die Studierenden Gelegenheit, eigene Vorschau- und Klappentexte zu Büchern und Filmen zu verfassen und auf diese Weise die unterschiedlichen Blickwinkel von Lektoren, Buchhändlern, Kritikern und Publikum einzunehmen.
Die Seminarleiterin ist promovierte Literaturwissenschaftlerin und Lektorin des Deutschen Taschenbuch Verlags und Carl Hanser Verlags. Zuvor hat sie als Kritikerin Bücher und Filme rezensiert.

Literatur:  Breyer-Mayländer, Thomas: Wirtschaftsunternehmen Verlag. Bramann: Frankfurt am Main 2001 – Bücher machen. Ein Handbuch für Lektoren und Redakteure. Bramann: Frankfurt am Main 2004 – Ondaatje, Michael: Die Kunst des Filmschnitts. Gespräche mit Walter Murch. Deutscher Taschenbuch Verlag: München 2008 – Literatur intermedial. Musik – Malerei – Photographie – Film, hrsg. v. Peter V. Zima. Darmstadt 1995 – Literaturverfilmungen, hrsg. v. Franz-Josef Albersmeier und Volker Roloff. Frankfurt a. M. 1994. (= stm 2093). – Reclams Sachlexikon des Buches, hrsg. v. Ursula Rautenberg. Reclam: Stuttgart 2003.

Scheinerwerb: Regelmäßige Teilnahme an den Veranstaltungen des Blockseminars sowie Verfassen mehrerer Arbeiten, in denen sich die Studierenden in dem ausprobieren, was Lektoren können müssen: lesen (Manuskripte und Prüfexemplare), bewerten (Bücher und Filme begutachten), konzipieren und akquirieren, bearbeiten (Redaktion von Passagen aus Originalmanuskripten und Übersetzungen) und schreiben (Vorschau-, Umschlag- und andere Paratexte).

Teilnahmevoraussetzungen: Teilnehmen können Studierende ab dem 4. Semester. Aus organisatorischen Gründen ist das Praxisseminar auf 20 Teilnehmer beschränkt. Anmelden können sich Interessierte bis 15. September 2009 bei Josefa.Hoenig@sprachlit.uni-regensburg.de.

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