Goldgräberinnen. Der Literaturverlag Edition Fünf im Porträt

Von Susanne Krones (Münchner Feuilleton 3/Dezember 2011, S. 18) – Der Name ist Programm: Edition Fünf versammelt jedes Jahr je fünf ambitionierte literarische Wiederentdeckungen in einem kleinen, fein ausgestatteten Verlagsprogramm.

Susanne Krones im Münchner Feuilleton 3/2011

»Jedes echte Wagnis kommt von innen« – dieses programmatische Motto, dass die Edition Fünf über ihr zweites Programm gestellt hat, könnte für das gesamte Unternehmen stehen. Ein Wagnis ist eine Verlagsgründung in diesen Zeiten allemal; zu einem echten Wagnis wird sie, wenn der Impuls von innen kommt, Kopf- und Herzensangelegenheit gleichermaßen.

Die Initiative zum Start der Edition Fünf ging von Verlegerin Silke Weniger aus, die als erfolgreiche Literaturagentin dem Markt etwas zurückgeben wollte, was sich der Logik, dem Tempo und der immer gleichen Stoßrichtung des Bestsellerkarussells entzieht: Wieder- und Neuentdeckungen von höchster literarischer Qualität, verfasst von Autorinnen, die allzu schnell vom Markt verschwunden sind. In der Programmarbeit setzt die Verlegerin auf die Herausgeberinnen Karen Nölle und Christine Gräbe, die durch ihre Auswahl weibliche Traditionslinien sichtbar machen. »Dafür«, so Herausgeberin Karen Nölle, »will die Edition Fünf den Blick öffnen wie eine Tür, die man aufmacht.«

Die jährliche Fünferauswahl der Edition Fünf ruht auf festen programmatische Säulen: je eine Klassikerin, ein wiederentdecktes Debüt bzw. eine junge Stimme, ein Erinnerungsband, ein Buch über das Schreiben und ein Schmöker füllen die fünf Programmplätze, insgesamt ist die Auswahl epochenübergreifend und international.

Längst haben sich zu den Wiederentdeckungen auch Neuentdeckungen gesellt: Mit Susanna Alakoskis »Bessere Zeiten« verlegt Edition Fünf eine erste Deutsche Erstausgabe. Alakoski, deren Roman in Schweden zum Bestseller wurde, reist momentan auf Lesereise durch Deutschland, während in den Kinos die Internationale Verfilmung ihre Romans unter dem Titel »Beyond« anläuft – hochkarätig besetzt mit Noomi Rapace, der Lisbeth Salander aus den Stieg-Larsson-Verfilmungen.

Die programmatische Konsequenz der Edition Fünf beeindruckt: Jede Fünfer-Auswahl trägt ein gemeinsames Motto, die fünf zum jeweiligen Editionsmotto ausgewählten Texte korrespondieren auf vielen Ebenen. Die erste Staffel der Edition versammelte 2010 »Geschichten vom Aufbruch«, die zweite 2011 »Wagnisse«. Momentan sitzen die Herausgeberinnen an der Auswahl für 2012, die unter dem Motto »Spiegelungen« stehen wird.

Ausgezeichnet ist auch die graphische und herstellerische Umsetzung durch die junge Grafikerin und Buchgestalterin Kathleen Bernsdorf, der es durch intensive Auseinandersetzung mit den literarischen Texten gelungen ist, in ihren Illustrationen eine kongeniale Bildsprache zu finden. Die Bände sind in rotes Leinen gebunden, die jährlich in der Farbe variierende Banderole mit ihren Feldern für Namenseinträge und Geschenkanlass unterstreicht ausdrücklich das Programm der Edition Fünf, Gesprächsangebote in Büchern anzubieten. So wird Hochliteratur zum Lebensgefühl und zum Genuss.

Die Auszeichnung mit dem Bayerisches Kleinverlagspreis des Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst bestätigt den jungen Verlag. Für Herausgeberin Karen Nölle ist es ein ganz persönlicher Erfolg: »Als ich jung war, war ich mit meinem Denken ganz allein. Zum Glück traf ich Weggefährtinnen aus anderen Zeiten und Jahrhunderten, die ihre Überlegungen aufgeschrieben hatten. Dass ich das jetzt in die Welt tragen kann, das ist für mich das Schönste an der Sache.«

 

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.