Akzente im Carl Hanser Verlag. Geschichte, Programm und Funktionswandel einer literarischen Zeitschrift 1954 bis 2003

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Empfehlung der Woche im Kulturtelegramm der Neuen Zürcher Zeitung, 27. Februar 2010

»Endlich hat die meistgerühmte deutsche Literaturzeitschrift in Susanne Krones ihre Chronistin gefunden. (…) Susanne Krones hat sich mit Beharrlichkeit durch die Archive gewühlt und dennoch keine Archivarssprache in ihre Darstellung übernommen. Sie ist auch nicht bei trockener Materialausbreitung stehengeblieben, sondern verstrebt das Gerüst der chronologischen Darstellung durch Querverweise, durch Exkursionen ins literarische Umfeld der Akzente und ins Biographische der Herausgeber, durch Analysen der literarischen Programme und der wirtschaflichen und produktionsästhetischen Zwänge. So entsteht am Beispiel der Akzente das Bild eines bewegten, von Enthusiasmus und Hoffnungen getragenen, auch von Rückschlägen gehemmten literarischen Lebens der Nachkriegsjahrzehnte.« Walter Hinck, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12. Mai 2010

»Susanne Krones überzeugt uneingeschränkt. (…) . Dass diese Studie 2008 den Münchner Hochschulpreis erhielt, ist in hohem Maße verdient. Dass der Wallstein Verlag nicht zögerte, die Dissertationsschrift in sein anspruchsvolles Programm aufzunehmen und überdies mit seinem Hauspreis zu würdigen, ebenso.« Roland Berbig, Zeitschrift für Germanistik, Neue Folge 3/2010S.705-708

»Das Buch, exzellent im Wallstein-Verlag hergestellt, besticht durch die Breite der Information und die Klarheit der Darstellung.« K. G. Saur, Börsenblatt, 5.8.2010

Der Literaturwissenschaftler, Herausgeber und Autor Walter Höllerer, einer der bedeutendsten Literaturförderer der Nachkriegszeit und Mitglied der Gruppe 47, und die von ihm mitbegründete und herausgegebene Literaturzeitschrift Akzente, die seit 1954 im Carl Hanser Verlag erscheint, sind in ihrer Bedeutung als wesentliche Akteure des Literaturbetriebs der Nachkriegszeit unumstritten, bisher aber nicht Gegenstand systematischer wissenschaftlicher Auseinandersetzung geworden. Die Dissertation schließt diese Lücke, indem sie die Geschichte der Akzente zwischen 1954 und 2003 unter ihren Herausgebern Walter Höllerer, Hans Bender und Michael Krüger darstellt, sie in einen Kontext setzt mit der Geschichte des Carl Hanser Verlages und der bundesdeutschen Verlagsgeschichte dieser Zeit sowie vorausgehenden oder parallel entstehenden Literaturzeitschriften wie Der Ruf, Die Fähre, Der Skorpion, Corona, Konturen – Blätter für junge Dichtung, Texte und Zeichen oder Höllerers zweiter Zeitschriftengründung Sprache im technischen Zeitalter.

Basis der Arbeit ist eine erste umfassende Auswertung der sogenannten Akzente-Korrespondenz der Herausgeber Walter Höllerer im Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg, Hans Bender im Historischen Archiv der Stadt Köln sowie Michael Krüger im Archiv des Carl Hanser Verlags – insgesamt von annähernd 100 000 Briefen, Manuskripten, Typoskripten, Strategiepapieren und Protokollen, die zwischen der Akzente-Redaktion und dem Carl Hanser Verlag sowie der Akzente-Redaktion und ihren vielen hundert Autorinnen und Autoren der deutschsprachigen und internationalen Literatur der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts gewechselt wurden.

Die Arbeit ist angelegt als interdisziplinäre Untersuchung, die mit einem systemtheoretischen Instrumentarium sowohl literatur- als auch buchwissenschaftliche Fragestellungen zu klären versucht.

Die literaturhistorische Relevanz ihres Gegenstands zeigt bereits eine kursorische Durchsicht der über 300 bisher erschienen Hefte: Die Akzente, im Untertitel zunächst als Zeitschrift für Dichtung, später als Zeitschrift für Literatur bezeichnet, verstanden sich selbst als Zeitschrift ohne Programm und als Plattform für die Förderung junger Autoren. Hans Magnus Enzensberger etwa debütierte in den Akzenten, Günter Grass als junger Autor publizierte dort und wurde in der Folge wesentlich von Walter Höllerer gefördert, Ingeborg Bachmann war seit der Gründung der Zeitschrift Akzente-Autorin.

Undogmatisch und reichhaltig ist die Literaturzeitschrift so zu einem exemplarischen Kreuzungspunkt der Literaturproduktion und –vermittlung gerade in der Adenauerzeit geworden. In den fünfziger und sechziger Jahren wurden die Akzente zum Seismograph literarischer Strömungen von den Exilanten und Vertretern einer „inneren Emigration“ über die Protagonisten der Gruppe 47 bis zu den Verfechtern radikaler ästhetischer und literaturtheoretischer Positionen und spielten eine zentrale Rolle für die Vermittlung ausländischer Literatur in der jungen Bundesrepublik. Akzente entwickelten sich zu einer Entdeckerzeitschrift und ebneten dem Tschechischen Poetismus, dem französischen Nouveau Roman und der amerikanischen Beat Generation wesentlich den Weg in den deutschsprachigen Raum. Mit dem Eintritt des Lektors und späteren Verlagsleiters Michael Krüger in die Redaktion der Akzente schließlich wurden die Synergieeffekte zwischen Zeitschrift und Verlagsprogramm immer stärker und fanden ihren Ausdruck in der „Edition Akzente“ innerhalb des Buchprogramms.

Aus buchwissenschaftlicher Perspektive ist das Quellenmaterial von großem Interesse, weil es eine intensive Auseinandersetzung mit der konkreten Herausgebertätigkeit von Walter Höllerer, Hans Bender und Michael Krüger und der Kooperation der Herausgeber mit dem Verlag erlaubt, einen Blick ‚hinter die Kulissen’. Die Auswertung bildet einen weiteren Baustein für eine ‚Alltagsgeschichte’ der literarischen Vermittlung im 20. Jahrhundert – und leistet einen Beitrag zur Funktionsbestimmung literarischer Zeitschriften generell.

Eine Funktion, die Michael Krüger, heutiger Herausgeber der Akzente und Leiter des Carl Hanser Verlags, so beschreibt: „Literatur entsteht auf den Schultern von Riesen, die aus Literatur bestehen. Und dennoch müssen diese Riesen ständig angegriffen, bekämpft und in Frage gestellt werden: in Zeitschriften.“

Die Arbeit ist entstanden im Rahmen des interdisziplinären Promotionsstudiengangs Literaturwissenschaft der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Ausgezeichnet mit dem Münchner Hochschulpreis 2008

Ausgezeichnet mit dem Wallstein-Preis der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 2009

Empfehlung der Woche der Neuen Zürcher Zeitung

Zur Rezension in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung …

Akzente edited by Carl Hanser Verlag. History, program and functional change of a literary magazine between 1954 – 2003

Literary scholar, editor and author Walter Höllerer, one of the most important promoters of literature after World War II and member of Gruppe 47, and the literary magazine Akzente, which he co-founded and edited and which has been published by Carl Hanser Verlag since 1954, are undeniably essential for the post-war era of literary life; however, they have not yet been the object of systematic and academic research. The dissertation closes this gap by presenting the history of Akzente between 1954 and 2003 – when they were edited by Walter Höllerer, Hans Bender and Michael Krüger – and contextualizing them with the history of Carl Hanser Verlag and the West-German publishing history of those years on the one hand and – on the other hand – previous or current literary magazines such as Der Ruf, Die Fähre, Der Skorpion, Corona, Konturen – Blätter für junge Dichtung, Texte und Zeichen or Höllerer’s second literary magazine Sprache im technischen Zeitalter.

The basis for this work is the first comprehensive analysis of the so-called Akzente-correspondence of the editors Walter Höllerer (Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg), Hans Bender (Historisches Archiv der Stadt Köln) and Michael Krüger (Archiv des Carl Hanser Verlags). In concrete terms, it is the analysis of approximately 100,000 letters, manuscripts, typescripts, strategic papers and minutes which the Akzente-editors exchanged with Carl Hanser Verlag as well as with the hundreds of German-speaking and international authors in the second half of the 20th century.

As an interdisciplinary research project the dissertation makes use of the system theory attempting to give answers both to questions concerning literary studies and writing and publishing studies. The relevance which this subject holds is obvious even in a first brief survey of the 300 issues hitherto published: Akzente, first subtitled Zeitschrift für Dichtung [Magazine for Poetry] then Zeitschrift für Literatur [Magazine for Literature], regards itself as a magazine without a program and as a platform for the promotion of young authors. Hans Magnus Enzensberger, for example, began his career as a writer in Akzente; the young Günter Grass published there and was, in future, decisively promoted by Walter Höllerer; Ingeborg Bachmann wrote for Akzente since they had been founded.

Being undogmatic and diversified, the literary magazine turned into a place where the production of literature and its dissemination met in an exemplary way, particularly in the Adenauer era. In the fifties and sixties Akzente functioned as a seismographic tool to detect literary trends reaching from the exiles and representatives of “inner emigration” to the protagonists of Gruppe 47 and the supporters  of positions marked by radical aestheticism and literary theories; additionally, Akzente were central to the dissemination of foreign literature in the young Federal Republic of Germany. Akzente were developing into a magazine for making discoveries and it was mainly them that helped Czech poetism, the French Nouveau Roman and the American Beat Generation to enter the German-speaking world. When Michael Krüger, first editor and then publishing director, joined the editorial department of Akzente the synergy effect between the magazine and the program of the publishing house was continuously enhanced; this clearly shows in the “Edition Akzente” which is embedded in the range of books published by Carl Hanser Verlag.

From the perspective of writing and publishing studies the source material is outstandingly important since it allows a profound analysis of the editorship of Walter Höllerer, Hans Bender and Michael Krüger and of their co-operation with the publishing house; in other words, it allows ‘going behind the scenes’. Furthermore, the evaluation of the material helps to tell an everyday story of how literature was disseminated in the20th century. Finally, it contributes to the functional determination of literary magazines in general.

And this function is described by Michael Krüger, present editor of Akzente and director of the Carl Hanser Verlag, like this: “Literature is created on the shoulders of giants, which are in turn made of literature. And yet, these giants need to be continually attacked, fought and disputed: in magazines.”

The Ph.D. programme in Literature at the University of Munich offers a systematically structured, research-oriented 3-year course of high academic standard. A faculty of 29 specialists from 12 different disciplines provide a framework for study in which literature is approached from a wide variety of theoretical and methodological perspectives. An interdisciplinary approach to literature forms the basis of further enquiries into culture- and media-related issues. Applications are invited from highly-qualified graduate students from Germany and especially from abroad.

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